Haben wir nicht alle schon mal davon geträumt, so ein Säckelchen zu besitzen, dessen Geld nie ausgeht, oder im Lotto zu gewinnen, einen „Goldesel“ oder „Tischlein deck dich“ zu besitzen? Das macht die Geschichte von Anfang an sympathisch. Dann kommt im zweiten Teil noch das Wunschhütlein hinzu. Ein Traum! Und an allen Ecken und Enden wird ersichtlich und teilweise auch ausgesprochen, dass die wertvollste Tugend eigentlich die „Weisheit“ sei. Doch Fortunatus und seine Söhne Ampedo und Andolosia bemühen sich redlich „weise“ zu werden und stellen sich dabei gar nicht dumm an.
Fortunatus stammt aus dem niedersten Adel. Durch seinen Reichtum schafft er es zum Freund von Königen und Sultanen. Er ist sozusagen der erste „Bürger“, der es zu etwas bringt. Auch wenn er sein Leben lang darum kämpfen muss und auch seinen Söhnen der Aufstieg in den höheren Adel verwehrt bleibt. Der Umgang dieser Helden geht durch alle Schichten der Gesellschaft (einschließlich der Glücksfee :-)) und damit sind sie fast die ersten in der Literaturgeschichte.
Der Fortunatus ist eines der bedeutendsten Prosaromane / Volksbücher. Es erschien als erster deutschsprachiger Prosaroman ohne Vorlage 1509 in Augsburg im Druck und stammt aus der französischen Tradition des „Chanson de geste“, einer Art Bänkelsängertum mit Kriegs- und Fürstengeschichten. Elisabeth von Lothringen (1395 bis 1456) war die erste, die solche Geschichten (zum Beispiel auch „Reineke Fuchs“ und „Till Eulenspiegel“) in Prosa übersetzte und somit popularisierte.


“Die deutschen Volksbücher” sind 13 Bände mit darinnen mehr als vierzig Historien, Schwänken und Heldenepen. Ihr Verfasser, oder besser ihr Herausgeber war Karl Simrock, einer der ersten Germanisten im frühen 19. Jahrhundert. Der Begriff “Volksbücher” scheint zu besagen, dass dies Erzählungen, wie die der Märchen der Gebrüder Grimm aus der Volksseele, aus der deutschen Tradition stammen. Aber das ist nicht der Fall. Es sind dies in der Hauptsache Stoffe aller europäischer Länder. Bald nach der Erfindung des Buchdruckes suchten Drucker und Buchhändler nach weiteren Käufern und fanden Stoffe für Bücher in den alten Epen (zB Nibelungenlied, Tristan und Isolde) die für die einfachen Leute nacherzählt wurden. Dies begründete dann jene Tradition von Erzählungen für die Ungebildeten und jene unsterblichen Geschichten von “Till Eulenspiegel”, von dem starken “Siegfried”, den “Schildbürgern” und einigen anderen, die noch in den 60ern als Schulstoff dienten.
Nach den Napoleonischen Kriegen wuchsen in ganz Europa Patriotismen. Deshalb unsere “Nationalliteratur” in diesen Volksbüchern. Es gab auch andere Herausgeber, mit dem selben Geschäftsmodell. Aber Karl Simrock bewahrt am treuesten den barocken Stil der Sprache und ließ sich auch nicht bereden, die Geschichten zu kürzen oder zu glätten.
