Lob der Narrheit

von ihr selbst gepriesen

Kaum trete ich unter eurer zahlreichen Versammlung auf, das Wort für mich zu führen; so entfaltet sich schon eure Stirn, euer Gesicht überzieht eine so muntere ungewöhnliche Heiterkeit, euer fröliches Lächeln winkt mir so freundlichen Beifall zu, daß man euch so viel ihr eurer seid, von dem Nektar der Homerischen Götter berauscht halten könnte; und kurz vorher sasset ihr noch so traurig und schwermüthig da.“

von Erasmus von Rotterdam.

Eine hundert Seiten lange Rede. Die Narrheit in Person hält über sich einen Vortrag. Nicht nur unbescheiden und großkotzig sondern vor allem weise, intelligent und überhaupt nicht verstaubt. Wer hier lachen muss, tut es nicht aus Höflichkeit gegenüber dem historischen Universalgelehrten Erasmus. Sondern weil er/sie dazu genötigt wird (wie es ja sein soll!). Dieses Werk aus dem Jahre 1509, das eine Union der Narren und Blödmänner begründet, ist in einem Geiste geschrieben, den der Zeitgenosse „frei“ nennt. Ich lache nicht nur, weil alles auch auf heute noch zutrifft sondern weil die Sprachspiele, die Späße, die Seitenhiebe ganz einfach gut sind und treffen und der klare Geist dahinter so angenehm kühl ist.

Dies ist eine Übersetzung des Lateinischen von Wilhelm Gottlieb Becker aus dem Jahre 1780.

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